Im Kompetenzzentrum der Stuckateure wird die Digitalisierung im Handwerk weiter vorangetrieben. Das zeigte der Besuch des FDP-Bundestagsabgeordneten Dr. Florian Toncar, der sich vor Ort über das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Projekt „WiPiA“ informierte.

Im Projekt DigiGAAB wurde das Tool „Wissen für Prozesse im Ausbau-Handwerk“ entwickelt und pilotiert. Dieses Tool soll im Projekt WiPiA nun ausgeweitet und generisch für andere Gewerke angepasst werden. Der Fokus liegt hier auf der Abbildung von gewerkeübergreifenden Projekten am Bau. Hier sollen besonders Schnitt- bzw. Nahtstellen in Bauprojekten betrachtet werden, bei denen unterschiedliche Gewerke zusammenarbeiten (z.B. Dämmung und Fassade oder Smart Home). Als Prozessbeispiel soll dabei der komplette Prozess einer energetischen Altbausanierung –> Baustellenprozess (Ausbau einer Ölheizung, Einbau einer Wärmepumpe etc.) dienen. So werden neue Formen des zielgruppenspezifischen Lernens am Arbeitsplatz entwickelt und erprobt.

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Projekt-Info & Projekt-Ziele

Ziel ist es, ein Informations- und Beratungsangebot zu den Themen Prozesssteuerung, Prozessdenken sowie Lösungen zur Digitalisierung des betrieblichen Alltags für kleine und mittlere Unternehmen im Bauhandwerk zu entwickeln. Neue digitale Technologien sollen erfahrbar gemacht werden, die dadurch sich verändernde Baustellen- sowie die Bürosituation der Betriebe in geschütztem Rahmen eines Experimentierraums erlebbar gemacht werden. Ein Schwerpunkt wird hierbei die gewerkeübergreifende Vernetzung und Kooperation der Handwerksbetriebe sein. Die meisten Fehler bei Gebäudesanierungen entstehen in Situationen, in denen mehrere Gewerke aufeinandertreffen, an den sogenannten Schnittstellen / Nahtstellen. Gründe dafür sind meist mangelnde Absprachen und fehlende Kenntnisse über die Tätigkeiten anderer Gewerke. Digitale Lösungen und Technologien haben das Potenzial, eine bessere Vernetzung und Abstimmung der einzelnen Gewerke erreichen zu können.

Um praxisnahe Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen für Entscheidungstragende und Beschäftigtenteams aus Betrieben optimal bereitzustellen, werden im Projekt spezifische Workshops zu verschiedenen Themen durchgeführt.

Nutzen für die Handwerksbetriebe

WiPiA hilft, das Denken in Prozessen zu lernen…

Wie kann die Arbeit im Bauhandwerk besser organisiert werden? Wie können Abläufe und Vorgänge im Betrieb und auf der Baustelle mit digitaler Technik so angelegt werden, dass sie zu guten und besseren Ergebnissen führen? – Auf diese und weitere Fragen will das Projekt WiPiA neue praxisnahe Hilfsmittel erarbeiten und den Betrieben zur Verfügung stellen.

Im Vordergrund steht dabei ein wichtiger Leitgedanke: Wer digitale Werkzeuge im Arbeitsalltag einführen will, sollte sich zunächst mit der Frage befassen: Welche Arbeitsabläufe (Arbeitsprozesse) gibt es im Betrieb, auf der Baustelle sowie zwischen Betrieb und Baustelle?

Wer die Arbeitsprozesse verstanden hat, kann sich der Frage zuwenden: Was soll wie verbessert werden? Aus den Antworten auf diese Frage lassen sich die Anforderungen an technische Lösungen ableiten. Wer zum Beispiel jeden Tag viele unterschiedliche Einzelbauteile für die Altbausanierung beschaffen muss, dem ist mit einem gesicherten Onlinezugang zu einer Beschaffungsplattform wahrlich geholfen. Wer aber nur wenige Stoffe und die in großen Mengen benötigt, kann andere Wege gehen.

Bevor man digitale Technik bestellt, sollte man Klarheit darüber haben, was wie abläuft und was wie effizienter geschehen kann. Mit anderen Worten: Wir sollten lernen, in Prozessen zu denken.

Um dieses Denken zu erleichtern bietet WiPiA die Unterscheidung in „Prozesse“, „Teilprozesse“ und „Arbeitsschritte“ an. Wir gehen von zentralen Prozessen, von darunter liegenden Teilprozessen und den den Teilprozessen zugeordneten Arbeitsschritten aus. Zum Beispiel gehört zum Prozess der „Auftragsbeschaffung“ der Teilprozess „Kundenanfrage entgegennehmen“. Als einer der Arbeitsschritte gilt, dazu vor Ort eine „Besichtigung durchführen“.

Das „Lernen-in-Prozessen-zu-denken“ muss dabei einerseits berücksichtigen, welche Verbesserungen aus dem Inneren des Handwerksteams heraus angestoßen werden können. Zum anderen ergeben sich Impulse von außen, die zum Beispiel das Zusammenwirken verschiedener Gewerke verändern. Die Impulse von außen nehmen in naher Zukunft deutlich zu. WiPiA betrachtet beides und bietet Hilfen an.

Wer sich die Arbeitsabläufe und Arbeitsprozesse im Betrieb, auf der Baustelle sowie zwischen Baustelle und Betrieb bewusst macht, kann klare Anforderungen an digitale Werkzeuge stellen: Welche Prozesse sollen sie verbessern helfen? Welche Leistungen sollen leichter und qualifizierter werden? Welche Technik trägt zur Beschleunigung der Auftragsabwicklung bei? Wie kann eine energetische Altbausanierung kundenfreundlicher werden?

Mit diesen Anforderungen können sich das Handwerksteam und die Firmenleitung den neuen Möglichkeiten der sogenannten „Künstlichen Intelligenz“ zuwenden. Wer seine Prozesse kennt, weiß, welche Unterstützung (Assistenz) benötigt wird. Wer weiß, wie Abläufe klüger zu regeln wären, kann selbst entscheiden: Welche Maßnahmen sollen auf ein Softwaresystem übertragen werden und welche nicht. WiPiA schlägt vor, zwei Typen von sogenannter „Künstlicher Intelligenz“ zu unterscheiden:

Es gibt Softwaresysteme, die Daten verarbeiten und das Ergebnis dem Menschen zur Entscheidung vorlegen. Das System unterstützt. Der Mensch entscheidet. Wir sprechen von Unterstützungstechnik (Assistenztechnik). Diese Art Werkzeug kann zum Beispiel eine digitale Brille sein. Stellen wir uns vor, wie eine solche Brille bei einer Altbausanierung in Bruchteilen von Sekunden die geplante Verschiebung einer Wand hochrechnet. Sie teilt umgehend mit, ob dies statisch zulässig wäre.

Der zweite Typ von Softwaresystemen, die zur sogenannten „Künstlichen Intelligenz“ zählen, sind neuartige Werkzeuge. Sie verarbeiten Daten in hoher Geschwindigkeit sowie in großer Menge. Sie treffen losgelöst vom Menschen verbindliche Entscheidungen. Es ist, als ob ein Handwerksteam eine gültige Vollmacht auf eine Software übergibt. Die Software analysiert. Die Software entscheidet. Der Mensch ist außen vor. Wenn der Mensch eine Vollmacht auf ein digitales System überträgt (delegiert), haben wir es mit Vollmachtstechnik (Delegationstechnik) zu tun.

Dies wäre willkommen, wenn eine solche Technik zum Beispiel die Energieeffizienz in einem großen Verwaltungsgebäude steuert. Das könnte zu Energieeinsparungen führen. Was aber, wenn eine Vollmachtstechnik selbstständig die Materialbeschaffung samt Banküberweisung für einen Bauhandwerksbetrieb übernimmt. Dies könnte im äußersten Falle Zahlungsprobleme für den Betrieb auslösen.

In welchem Prozesszusammenhang entfaltet die sogenannte „Künstliche Intelligenz“ Wirkung? Daraus ergeben sich der Sinn einer Anwendung und dessen Nutzen. Nur wer seine Prozesse kennt, wird verantwortlich entscheiden, welcher Techniktyp nützlich ist. Wer die sogenannte „KI“ anwenden will, sollte deshalb vorher das „In-Prozessen-zu-denken“ gelernt haben.

Wenn Betriebe des Bauhandwerks bei einem Neubau oder bei einer Altbausanierung als Expertenteams beteiligt sind, werden sie Teil einer Auftragsabwicklung. Sie sind somit Handelnde in der Wertschöpfungskette Bau.

Nicht nur in der Vergangenheit lagen großen Herausforderungen in der Zusammenarbeit unterschiedlicher Gewerke. Wie wer wann auf wen warten muss und wie die Übergabe klappt, kostet schon manchmal Nerven. Zielkonflikte tauchen auf. Es wird schon mal laut auf der Baustelle. Das gilt zum Beispiel für eine energetische Altbausanierung.

Doch rühren so manche Spannungen oft nicht von persönlichen Befindlichkeiten her. Einiges entsteht durch unzureichendes oder nicht abgestimmtes Prozessdenken. Das „In-Prozessen-Denken“ wurde für die Abläufe vor allem innerhalb der eigenen Firma erlernt.

Doch wenn Betriebe aus drei oder vier Gewerken gleichzeitig oder nacheinander auf derselben Baustelle tätig sein sollen, dann fehlen nicht selten die Abstimmungen zwischen den Firmen. Die inneren Prozesse des einzelnen Betriebes laufen zwar rund. Sie sind aber nicht immer ausreichend mit dem Prozess des Nachbargewerkes verknüpft.

Am Beispiel der energetischen Altbausanierung lässt sich zeigen, wie das „Denken-in-Prozessen“ innerhalb der Betriebe mit einem „Denken-in-Prozessen“ zwischen den Betrieben harmonisiert werden muss. Das Denken im Betrieb muss erweitert werden um ein Denken von Betrieb zu Betrieb, von Gewerk zu Gewerk. Hieraus entstehen Anforderungen an digitale Werkzeuge.

Das innerbetriebliche Denken wird von einem zwischenbetrieblichen Denken ergänzt. Prozesse und Teilprozesse des einen Gewerkes sollten mit Prozessen und Teilprozessen des anderen Gewerkes zusammen gedacht werden. Eine gute Unterstützungstechnik sollte diese Verknüpfung erleichtern.

So kann die Handlungskompetenz der Betriebe gestärkt werden, wenn sie mit plötzlichen betriebsübergreifenden Herausforderungen oder Überraschungen fertig werden müssen. Im Schwäbischen nennt man diese Fähigkeit feinsinnig „Resilienz“.

Wer die ersten drei Teile „WiPiA hilft, das Denken in Prozessen zu lernen“ zur Kenntnis genommen hat, ist zum vierten Teil willkommen.
Folgende Punkte sind wichtig:

  • Das „Denken-in-Prozessen“,
  • die Unterscheidung von Unterstützungstechnik und Vollmachtstechnik,
  • die betriebsbezogenen Prozesse und
  • die gewerkeübergreifenden Prozesse.

Diese vier Punkte leiten uns zum „Geheimnis des ,Dritten Ortes‘“. Mit dieser etwas alltagssprachlichen Bezeichnung wollen wir auf eine Veränderung in der Bauwirtschaft aufmerksam machen.

In den zurückliegenden Jahren war es ganz selbstverständlich, dass wir digitale Werkzeuge zur Erledigung von Aufgaben genutzt haben. Es waren Bestellungen, Dokumentationen, Plan-Aktualisierungen, Rechnungslegungen etc. Dabei blieben die Tätigkeiten zumeist auf der Augenhöhe des Menschen.

Der Mensch sandte den Beschaffungsauftrag ab und prüfte die Bestätigungsmeldung. Das Digitale war eine Unterstützung der Arbeit vor Ort. Der virtuelle Vorgang ergänzte die mit Händen anfassbaren Arbeitsschritte. In unserer Wahrnehmung war das Digitale jeweils ein Bestandteil des Betriebes als erstem Ort und der Baustelle als zweitem Ort.

Doch mit den jetzt aufkommenden Werkzeugen der sogenannten „Künstlichen Intelligenz“ entsteht neben dem Betrieb und neben der Baustelle ein „Dritter Ort“. Diesen „Dritten Ort“ kann man nicht anfassen und nicht spüren. Es gibt ihn nur als digitalen Platz, als virtuellen Ort. Er besteht aus dem Zusammenwirken von Plattformen, von Clouds, von Assistenz- und Delegationstechniken. Der „Dritte Ort“ gehört formal weder zum Betrieb noch zur Baustelle. Aber er kann von außen in die Prozesse im Betrieb und auf der Baustelle eingreifen.

Wenn wir bisher von Arbeits- oder Geschäftsprozessen gesprochen haben, meinten wir Vorgänge, die jemand persönlich auslöst und entscheidet. Prozesse waren in der Regel an einen Menschen gebunden. Nun müssen wir in unsere Wahrnehmung den „Dritten Ort“ einführen. Wir sollten verstehen, dass dort Entscheidungen möglich sind, die nicht von Menschen getroffen werden. Diese Entscheidungen können aber die Arbeit im Betrieb und an der Baustelle beeinflussen.

Dazu gehören vor allem die Wege, wie die Kundschaft ihre Aufträge an die Betriebe sendet. Die Kundschaft kann zum Beispiel eine Plattform aufrufen und bestellen. Wenn sich der „Dritte Ort“ zwischen Kundschaft und Betrieb schiebt, verliert der Betrieb den direkten Kundenkontakt.

Wir müssen den „Dritten Ort“ als Teil unseres „Lernens-in-Prozessen-zu-denken“ wahrnehmen. Die Nutzung des „Dritten Ortes“ kann dazu führen, dass Abläufe kürzer, besser und schlanker werden. Es kann jedoch ebenso sein, dass ein Auftrag zur Konkurrenz wandert und somit dem Einzelbetrieb schadet. Es gibt sogar die Möglichkeit, dass Prozesse eigenmächtig umgesteuert werden.

Wir stehen vor der Aufgabe, dass wir nicht nur unsere Anforderungen an digitale Werkzeuge aussprechen. Wir müssen auch sagen, was ein „Dritter Ort“ gegenüber dem Betrieb tun darf und was nicht.

Es gab eine Zeit, da nutzten die Kundschaft und die Betriebe gedruckte Telefonbücher. Man blätterte und suchte in den alphabetisch geordneten Druckwerken nach Namen, Straßen und endlich nach Telefonnummern. Wenn ein Kunde bei einem Betrieb anrief und einen Auftrag erteilte, kam es schon mal vor, dass sie/er zwar die Adresse hinterließ, aber die Anrufnummer vergaß. Dann blätterte der Handwerksmeister im Telefonbuch, um den Kunden per Anruf für Nachfragen zu erreichen. Doch er fand weder den Namen noch die Nummer im Telefonverzeichnis. Die Handwerksmeisterin gab ihrem Mann dann den Tipp, von einem veralteten Telefonbuch in eine neuere Ausgabe zu wechseln. Nun stellte sich der Erfolg ein. Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist zu prüfen, welche Aktualität und welche Qualität Daten aufweisen sollten, um verlässliche Ergebnisse zu ermöglichen.

Dieses Beispiel führt uns zur Frage, wie wir mit den neuen virtuellen Heinzelmännchen, den alten und neuen Chatbots umgehen sollten. Die alten Chatbots, die einen Gesprächspartner imitieren, haben eine begrenzte Wirkung und geben zumeist starre Antworten auf starre Fragen. Das neue Heinzelmännchen, der neue Chatbot ChatGPT kann offene Aufträge entgegennehmen und ausformulierte Antworten liefern. Oberflächlich wirkt dieses Heinzelmännchen beeindruckend. Solange man die Antworten nur zum Freizeitvergnügen nutzt und in der Lage ist, ihre Antwortqualitäten einzuschätzen, bleibt der berufliche Nutzen begrenzt.

Für die professionelle Anwendung im Betrieb und gegenüber der Kundschaft sollte man allerdings eine erhöhte Sorgfalt pflegen. Das Beispiel vom alten Telefonbuch kann sich auch beim neuen ChatGPT wiederholen. Wenn dessen Datenverarbeitung im Auftragsfall nur auf Daten zurückgreift, die zum Beispiel älter als zwei Jahre sind, können fehlerhafte Ergebnisse auftreten. Das kann bei der Prüfung rechtlicher Rahmenbedingungen kritisch werden. Auch der sehnsuchtsvolle Traum, dass der Chatbot Briefe an Kunden formuliert und Kalkulationen berechnet, sollte mit Vorsicht geträumt werden. Der neue Chatbot übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben. Indem eine Geschäftsleitung den Text eines Chatbots unterschreibt und an die Kundschaft versendet, verantwortet die Geschäftsleitung die Korrektheit der Aussagen. Wenn der Bot irrt, irrt dadurch auch der unterschreibende Mensch. Dem ChatGPT fehlt die eingebaute Qualitätskontrolle.

Eine große positive Bedeutung könnte das Modell ChatGPT erlangen, wenn es als Heinzelmännchen entlang der bauhandwerklichen Prozessketten aktiv erschiene. Gerade zur Unterstützung zwischenbetrieblicher und gewerkeübergreifender Abläufe wäre ein solcher Chatbot hilfreich. Dies wäre wünschenswert auf der Basis von Daten, die vom Bauhandwerk verlässlich in einem digitalen Bauwirtschaftsraum gepflegt und aktualisiert würden. Ein solches Werkzeug erleichterte die Abstimmungsprozesse in der energetischen Gebäudesanierung erheblich.

Ein Experimentierraum ist für Menschen, die etwas Neues erfahren und sich weiterbilden wollen, ein wunderbarer Ort des spielerischen Lernens. Man kann seine Kenntnisse in der Softwarenutzung erweitern und muss keine Angst haben, wenn ein Rechner abstürzt. Ein Experimentierraum ermutigt zu Neugier und dazu, sich selbst etwas zuzutrauen.

Der WiPiA-Experimentierraum will die Nutzerinnen und Nutzer in die Welt der Prozesse einführen. Der Raum soll das „Lernen-in-Prozessen-zu-Denken“ unterstützen und verbessern. Dazu dient die aufbereitete Sammlung von Prozessen, Teilprozessen und Arbeitsschritten als Bausteine der Vermittlung von „Wissen für Prozesse im Ausbauhandwerk“ (WiPiA).

In diesem Lernort trifft das Erfahrungswissen auf die Möglichkeiten neuer digitaler Werkzeuge. Der „Dritte Ort“ wird Teil des Lernens. Das Kennenlernen von Abläufen, Arbeitsvorgängen und Kooperationen fließt in den Experimentierraum ein. Zugleich gilt es zu erfahren, worin der Unterschied von „Assistenztechnik“ und „Delegationstechnik“ liegt.

Der Raum ist zudem ein Experimentierraum für Lehrende. Sie überprüfen dabei, ob ihre didaktischen Vorgehensweisen die angestrebten Ziele erreichen.

Lernen heißt Ermutigung erfahren. Wie geht man mit Herausforderungen, Überraschungen, mit Unvorhergesehenem, mit Krisen um? Aus Problemen mit eigenen Lösungen gestärkt hervorzukommen, schafft Selbstbewusstsein. Dies gelingt gerade auch in einem gemeinschaftlichen Lernen, wenn Firmenteams zusammen den Experimentierraum besuchen. Hilfreich sind Lernformen, in denen Teams ihre Erfahrungen mit einzelnen Betriebsverantwortlichen austauschen.

In Krisen seine Stärke zeigen, das nennen Fachleute „Resilienz“. Im guten Sinne des Wortes ist ein Experimentierraum ein Resilienzraum.

Die notwendige Arbeit für den Klimaschutz und der Bedarf nach Wohnraum lassen der energetischen Altbausanierung eine ständig wachsende Bedeutung zukommen. Viele Altbauten lassen sich in ihrem Energieverbrauch verbessern. Zudem sollen viele erneuerbare Energiequellen nutzbar gemacht werden.  Das fordert mehrere Gewerke des Bauhandwerks und des Ausbauhandwerks heraus.

Um den Umbau zu beschleunigen und die Arbeiten zu erleichtern, bedarf es zwischen den verschiedenen beteiligten Gewerken einiger kluger Neuerungen:

  • Die Prozesse und Teilprozesse innerhalb der Betriebe und zwischen den Betrieben müssen verständlich vermittelt und nachvollziehbar werden.
  • Die digitalen Werkzeuge der sogenannten „Künstlichen Intelligenz“ sind den Prozessen zuzuordnen und bedarfsgerecht anzupassen.
  • Die strategische Rolle des „Dritten Ortes“ gilt es zu verstehen und praktisch nutzbar zu gestalten.

Um diesen Ziele nahe zu kommen, schlägt WiPiA eine Stärkung der Kompetenz für Koordination und Kooperation in der gewerkeübergreifenden Arbeit vor. Um insbesondere die Koordination effektiver und effizienter werden zu lassen, tritt WiPiA für die Entwicklung einer Fortbildung ein: Eine Aufqualifizierung für unterschiedliche Berufe zur Gebäude-Sanierungs-Managerin bzw. zum Gebäude-Sanierungs-Manager.

Eine solche Funktion soll die Steuerung der Prozesse und Abläufe in den Aufgaben der energetischen Altbausanierung zwischen den Gewerken übernehmen. Technische Assistenzlösungen für Betriebe und Gewerke im „Dritten Ort“ können zum Erfolg des Gebäude-Sanierungs-Managements maßgeblich beitragen.

Wer sich der Nutzung sogenannter „Künstlicher Intelligenz“ zuwendet, muss gleich zu Beginn wichtige Entscheidungen treffen: Soll die Software den Menschen unterstützen? Sollen die Entscheidungen im Alltag aber beim Menschen bleiben? Oder soll Software losgelöst vom Menschen selbst Entscheidungen treffen?

Jedes Mal, wenn Software Daten zusammenträgt und dem Menschen vorlegt, bleibt der Mensch Zentrum der Beschlüsse. Man spricht von Software, die der Entscheidungsvorbereitung dient. Das können digitale Werkzeuge bei der Kalkulation eines Auftrages sein. Oder sie helfen bei der Nennung von Alternativen in der Altbausanierung.

Wenn man dagegen Entscheidungen auf eine Software überträgt, muss man in der Lage sein, die Folgen vorabzuschätzen. Was leistet eine solche Vollmachtstechnik? Was blockiert sie? Eine Software, die die Auswahl verschiedener Heizsysteme eines Gebäudes im Winter selbst steuert, kann ganz unterschiedliche Folgekosten entstehen lassen.

Die Nutzung sogenannter „Künstlicher Intelligenz“ verlangt vom Gewerketeam, dass es sich frühzeitig und sehr intensiv Gedanken über die möglichen Auswirkungen der Anwendung macht. Was soll erreicht werden? Welches Ziel soll die Software verfolgen? Wo gehen die Daten hin? In welchen zeitlichen Abständen muss überprüft werden, ob die Software noch „auf gutem Wege“ ist oder ob sie inzwischen selbsttätig das Ziel verändert hat?

Hinzu kommt der Bedarf nach weiteren grundlegenden Kenntnissen wie dem Datenschutz, dem Kundendatenschutz und der Berücksichtigung der DSGVO. Als Betrieb darf man Kundendaten nicht in einen öffentlichen Chatbot einfügen.

Gute Arbeit benötigt gute Vorabschätzungen. Das „Lernen-in-Prozessen-zu-denken“ schließt das „Vorabschätzen-Lernen“ mit ein. So wird die eigene Fähigkeit, Probleme zu vermeiden, gestärkt. Die Erfahrung, eine Krise klug zu bewältigen, erzeugt Krisenfestigkeit (Resilienz).

Wer von Arbeits- und Geschäftsprozessen spricht, meint in der Regel die alltäglichen Abläufe in Betrieb und Werkstatt, auf der Baustelle und im Gespräch mit der Kundschaft. Es sind zumeist die Prozesse, Teilprozesse und Arbeitsschritte innerhalb der Firma. Wer dort neue digitale Werkzeuge einführen will, möchte die Abläufe erleichtern und kundenfreundlicher machen. Es ist vor allem der Blick von Innen heraus.

Drehen wir mal unsere Perspektive und schauen wir aus dem Blickwinkel der Kundschaft auf den Betrieb und die gewerkeübergreifenden Prozesse. Als vor einigen Jahren eine große amerikanische Plattform den Einkauf von Büchern vom Sofa aus ermöglichte, verloren viele Buchhandlungen ihre Kundschaft. Viele mussten verkaufen oder schließen. Nun stellt sich die Frage, ob Ähnliches für Teile des Bauhandwerkes bevorsteht. Damals wurde nur ein einzelnes Produkt gesucht und bestellt. Heute geht die Entwicklung hin zu der Möglichkeit, eine komplette Handwerksdienstleistung online anzubieten. Die Bestellenden sollen vom Sofa aus eine gewerkeübergreifende Energiemaßnahme starten können. Die Kundschaft spricht dann als erstes mit der Plattform, nicht mit dem Betrieb. Die Plattform wählt den Betrieb aus. Der Betrieb erhält den Auftrag von der Plattform.

Dieses Szenario wird nicht schon morgen früh Wirklichkeit. Aber es wird sicherlich kommen. In den Gewerken mit jeweils unterschiedlicher Geschwindigkeit. Wenn der einzelne Betrieb seine Kontakte zur Kundschaft halten will, muss er die Kundenbeziehung aktiv pflegen. Im Moment können sich Betriebe vor Aufträgen kaum retten. Sie denken, das geht so weiter. Das dachten die Buchhandlungen kurz vor dem Plattformstart damals auch. Bildlich gesprochen waren die Buchkundinnen und Buchkunden „über Nacht“ zu den Plattformen gewechselt.

Die Handwerksbetriebe dürfen nicht zu Anhängseln von Plattformen werden. Sie müssen ihre Eigenständigkeit (Autonomie) behalten, Nutzen wir die neuen digitalen Werkzeuge, um die Kundschaft stärker an die örtlichen Betriebe zu binden. Frühzeitige Maßnahmen zur Sicherung der eigenen Autonomie werden zu wichtigen Bestandteilen der erstrebten Krisenfestigkeit (Resilienz). Das regionale Denken stellt dafür eine wichtige Perspektive dar.

Wer sich mit den Chancen digitaler Werkzeuge befasst, blickt zumeist mit den Gedanken der Vergangenheit auf die Gegenwart. Ähnlich verhält es sich bei manchen Menschen, die auf die sogenannte „Künstliche Intelligenz“ zugehen. Sie stehen mit ihrem Verständnis des Gestern vor dem Neuen und wundern sich, dass sie nicht alles erkennen. Wie wäre es, wenn wir einmal aus dem Übermorgen auf unsere Gegenwart blicken. Was und worin könnte uns dieser Blick helfen?

Die sogenannte „Künstliche Intelligenz“ bringt uns neue Möglichkeiten der Unterstützungstechnik (Assistenztechnik) und der Technik mit Entscheidungsvollmacht (Delegationstechnik). Wenn große Plattformbetreiber die Delegationstechnik nutzen, um Aufträge und komplette Gewerkedienstleistungen samt Kundschaft zu sich herüber zu ziehen, wird es für die Betriebe eng. Die Kunden auf dem Sofa sind über den Service froh. Die Firmen aber verlieren ihre Kundschaften an die Plattformen.

Wagen wir einen Blick in eine bauhandwerksfreundliche Zukunft. Wie wäre es, wenn Gewerke und Handwerksorganisationen sich mit Wirtschaftsförderern, Berufsschulen, Lieferanten, Klimaschutzeinrichtungen, Kommunen, Banken, Architektenvereinigungen etc. zusammensetzen, um Kundenplattformen für regionale Handwerksleistungen aufzubauen?

Wie wäre es, wenn ein solcher Verbund die neueste Assistenztechnik nutzt, um die Kundschaft auf dem Sofa zu begeistern? Wie wäre es, wenn dabei die Wertschöpfung nicht auf unerwünschte Plattformen abwandert und dadurch auch noch Gewerbesteuereinnahmen der Gemeinden schmälert? Wie wäre es, wenn regionales Denken, regionales Handeln dem Handwerk, dem Klima und der Kundschaft nützt?

Zweifellos: Das Handwerk bekäme die Glückwünsche der Bürgerinnen und Bürger, der Bürgermeisterämter und Gemeinderäte, der IT-Teams sowie der jungen Menschen, die um ihre Klimazukunft fürchten. Das Handwerk könnte einen Wandel anstoßen, der nachhaltiges Wirtschaften vorantreibt. Ein solcher Wandel könnte dazu beitragen, Fachkräfte anzusprechen. Es wäre Handwerks-HighTech mit Klimaschutz zum Wohle der Region.

Warum setzen wir solche Ideen nicht um? Nicht-Handeln wird Nachteile nach sich ziehen. Vorangehen erbringt neue Erfahrungen, neue technische und soziale Innovationen, neue Chancen. Seien wir ins Gelingen verliebt! Gehen wir mutig auf die kommende Krise zu: Werden wir zu jenen, die Krisen lösen wollen. Schaffen wir Resilienz für die Region!

Betrachten wir unsere Gegenwart aus dem Blickwinkel des Übermorgen. Starten wir die Maßnahmen für eine „vorausschauende Regionalisierung“ bereits im Heute! Bereiten wir uns vor!

Projektpartner

S3-Medien GmbH

Frank Schöllkopf bringt sich als Experte für digitale Hilfsmittel ein
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Forum für Soziale Technikgestaltung

Welf Schröter kennt die Fallstricke bei der Einführung von digitalen Hilfsmitteln
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itb – Institut für Betriebsführung im DHI e.V.

Andreas Ihm ist Experte auf dem Gebiet der Unternehmensführung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Als Management-Partner des Handwerks liegt seine Kompetenz in Forschung und Training.

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Steinbeis-Transferzentrum drei | consult + management | projekte, prozesse, nachhaltigkeit

 

Prof. Dr. Hermann Hütter bringt sich als Experte für die Strukturierung von Bauarbeitsprozessen ein.
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Förderung

In Zeiten des beschleunigten Wandels werden neue, kreative Lösungen für die Gestaltung der Arbeitswelt benötigt: Von Unternehmen werden mehr denn je Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit verlangt. Sie müssen den Umbau zum nachhaltigen Wirtschaften stemmen, Prozesse und Produkte digitalisieren, diverse Belegschaften organisieren, den Fachkräftemangel meistern und zugleich attraktive, gesunde und motivierende Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten bieten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) fördert daher im Rahmen der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) zehn neue INQA-Experimentierraum-Projekte, die sich vor allem in klein- und mittelständischen Unternehmen genau diesem Schwerpunkt widmen: organisationaler Resilienz.

In den nächsten zwei Jahren können Unternehmen, Beschäftigte und Sozialpartner gemeinsam innovative Ansätze zur Steigerung der organisationalen Resilienz in einem der vier INQA-Themenfelder (Führung, Vielfalt, Gesundheit und Kompetenzentwicklung) entwickeln und erproben. Zentrale Elemente aller INQA-Experimentierraum-Projekte sind dabei ein hohes Maß an Innovation und Transfer, die konsequente Einbeziehung der Beschäftigten sowie die externe Begleitung und Evaluation. So sollen nachhaltige Lösungen entstehen, von denen auch andere Betriebe und Branchen profitieren können.

Ansprechpartner

Dr. Roland Falk
Projektleitung

Sibylle Adler
Projektleitung

Anja Isenburg
Projektadministration

Frank Schweizer
Ausbildung

Gerhard Fischer
Experimentierraum ÜBA

Tina Roth
Mediendidaktik

Prof. Hütter
Prozessmodellierung

Frank Schöllkopf
S3 Medien GmbH – Digitale Tools

Welf Schröter
FST

Andreas Ihm
itb – Evaluation

Kontakt

Dr. Roland Falk
roland.falk@bz-af.de

Sibylle Adler
sibylle.adler@bz-af.de